Neue Kritik, Frankfurt/M 1985 (6. Auflage 2003)
496 Seiten mit 180 Abbildungen
Christina von Braun begreift die Hysterie – Frauenkrankheit par excellence – als einen Knotenpunkt, an dem sich alle Bereiche der abendländischen Kultur begegnen. Die Autorin zeigt, wie der aus dem griechischen Alphabet hervorgegangene abendländische Dualismus sukzessive Natur, Mensch und Gesellschaft und die Vorstellungen über diese umgestaltet. Geschieht dies zunächst durch die Definitionsmacht eines abstrakten, entkörperten Geistes, so wird daraus allmählich ein quasi-natürlicher Vorgang, bei dem Biologie und Körper zur Inkarnation des Geistes werden – so lange, bis alles „wie von selbst” geht.
Die Hysterie verweigert diesen Prozess. Sie versucht, den Logos, das Subjekt westlicher Geschichte, schachmatt zu setzen, indem sie seine ‘vernünftige Ordnung’ ad absurdum führt. Sie wird zur Gegenspielerin des Logos: die Närrin, die der Vernunft sein Spiegelbild entgegenhält.
Wer sich in den Bannkreis der hysterischen Geschichtsschreibung begibt, der wird so manches Mal den Kopf verlieren, aber allmählich, während sich Baustein um Baustein das Puzzle vor seinen Augen zusammensetzt, wird er klar erkennen, was Madonna mit Maschine, Photographie mit Magersucht und Hysterie mit Luftfahrt zu tun haben.
Impressum - letzte Aktualisierung: 1.9.2008